Der Prophet Jona (a.)


Im folgenden fünften Teil geht es um die angebliche Sünde, welche der Prophet Jona oder auch Yunus (a.) verbrochen hätte.

Der wütende Prophet

Über den Propheten Jona (a.) berichtet der Heilige Qur'an:

وَذَا النُّونِ إِذ ذَّهَبَ مُغَاضِبًا فَظَنَّ أَن لَّن نَّقْدِرَ عَلَيْهِ فَنَادَىٰ فِي الظُّلُمَاتِ أَن لَّا إِلَـٰهَ إِلَّا أَنتَ سُبْحَانَكَ إِنِّي كُنتُ مِنَ الظَّالِمِينَ. فَاسْتَجَبْنَا لَهُ وَنَجَّيْنَاهُ مِنَ الْغَمِّ وَكَذَٰلِكَ نُنجِي الْمُؤْمِنِينَ

„Und (erwähne) den Mann mit dem Fisch. Als er erzürnt wegging und meinte, Wir könnten ihn nicht überwältigen. Und er rief in den Finsternissen: »Es gibt keinen Gott außer Dir. Preis sei Dir! Ich war einer von denen, die Unrecht tun.« Da erhörten Wir ihn und erretteten ihn aus der Trübsal. So retten Wir die Gläubigen.” [Al-Anbiya' 21:87-88]

Die ungefähren Übersetzung der Worte naqdira نقدر und Zalimin ظالمين könnte den Anschein erwecken, dass eine Unvereinbarkeit mit der Fehlerlosigkeit bestünde. 

  • Das Erste, was sich gegen die Fehlerlosigkeit von Jona (a.) richten könnte, wäre seine Handlungsweise. Er verließ das Volk als sich die Strafe legte ohne, dass er davon wusste. War der Prophet Jona (a.) auf Gott zornig?
  • Das einzige, was der Vers besagt, ist, dass Jona (a.) zornig wegging, aber nicht, dass er zornig auf Gott wegging. So bleibt uns, aufgrund seiner eindeutigen Fehlerlosigkeit, keine andere Betrachtungsweise übrig, als jene, dass er über das Volk zornig war, da sie ihm keinen Glauben schenkten.
  • Die zweite Sache ist folgende Aussage: „und meinte, Wir könnten ihn nicht überwältigen.” Einige übersetzten naqdira نقدر so, dass der Anschein erweckt wird, dass Jona (a.) zornig war und dachte, Gott hätte keine Macht über ihn. Zu dieser Anschuldigung ist zu sagen, dass, wenn Jona (a.) tatsächlich so dachte, er ungläubig geworden wäre und nicht nur sündig. 
  • Desweiteren wird das Wort naqdira نقدر, welches von Qadr قدر stammt, oft für "Lebensunterhalt bemessen" benutzt, wie zum Beispiel folgender Vers besagt: „Gott teilt den Lebensunterhalt großzügig, wem Er will, und auch bemessen zu.” [13:26 Ar-Ra'd] Und Gott sagt ebenso: „Aber der Mensch, wenn sein Herr ihn prüft und großzügig behandelt und ihm ein angenehmes Leben schenkt, sagt: »Mein Herr behandelt mich großzügig.« Wenn Er ihn aber prüft und ihm seinen Lebensunterhalt bemessen zuteilt, sagt er: »Mein Herr läßt mich Schmach erleiden.«” [Al-Fajr 89:15-16]
  • Als Schlussfolgerung kann man sagen, dass die betreffenden Verse demnach so zu verstehen sind: „Und (erwähne) den Mann mit dem Fisch. Als er erzürnt wegging und meinte, Wir würden ihm nicht (den Lebensunterhalt) bemessen.” Dies bedeutet, dass Jona (a.) dachte, dass Gott ihm, aufgrund seines Prophetendaseins, nicht den Lebensunterhalt verkürzen würde, da er mit Gottes Versorgung rechnete, was nichts damit zu tun hat, dass Gott über ihn keine Macht hätte oder ihn nicht überwältigen könnte.
  • Wenn das Verlassen des Volkes für den Propheten Jona (a.) aber keine Sünde war, wieso sagte er dann, dass er von denjenigen war, die Unrecht tun? Auch hier benötigen wir das Verständnis von Zulm ظلم, welches wir schon aus dem zweiten Teil über Adam (a.) kennengelernt haben. Zulm ظلم muss auf keine Sünde hinweisen und bedeutet ebenfalls "sich beeilen" oder "sich benachteiligen" und beide Bedeutungen sind in Übereinstimmung mit der Fehlerlosigkeit des Propheten Jona (a.).
  • Der Vers bedeutet also: „Es gibt keinen Gott außer Dir. Preis sei Dir! Ich war einer von denen, die sich beeilen.” Oder auch: „Es gibt keinen Gott außer Dir. Preis sei Dir! Ich war einer von denen, die sich benachteiligen.” Diese Erklärung findet sich auch im nächsten Vers wieder, indem Gott sagt: „Da erhörten Wir ihn und erretteten ihn aus der Trübsal. So retten Wir die Gläubigen.” Zulm ظلم wird hier als Trübsal bezeichnet und nicht als Sünde wie Ungerechtigkeit und daher sagt Gott auch, dass Er ihn gerettet hat, ohne dabei Sünde und Vergebung zu erwähnen.
  • Auch möglich wäre es, dass Jona (a.) meinte, er sei in den Augen des Volkes, zu dem er gesandt wurde, einer derjenigen gewesen, die Unrecht tun. Dies spricht ihn ebenfalls von Unrecht und Sünde bei Gott frei.