Der Prophet Moses (a.)


Nachdem die Fehlerlosigkeit von Abraham (a.), anhand des Heiligen Qur'an, bewiesen wurde, kommen wir nun zu den angeblichen Sünden und Fehlern des Propheten Moses (a.).


[1] Der Erschlagene

Beginnen wir mit den folgenden Versen:

وَدَخَلَ الْمَدِينَةَ عَلَىٰ حِينِ غَفْلَةٍ مِّنْ أَهْلِهَا فَوَجَدَ فِيهَا رَجُلَيْنِ يَقْتَتِلَانِ هَـٰذَا مِن شِيعَتِهِ وَهَـٰذَا مِنْ عَدُوِّهِ فَاسْتَغَاثَهُ الَّذِي مِن شِيعَتِهِ عَلَى الَّذِي مِنْ عَدُوِّهِ فَوَكَزَهُ مُوسَىٰ فَقَضَىٰ عَلَيْهِ قَالَ هَـٰذَا مِنْ عَمَلِ الشَّيْطَانِ إِنَّهُ عَدُوٌّ مُّضِلٌّ مُّبِينٌ. قَالَ رَبِّ إِنِّي ظَلَمْتُ نَفْسِي فَاغْفِرْ لِي فَغَفَرَ لَهُ إِنَّهُ هُوَ الْغَفُورُ الرَّحِيمُ

„Und er betrat die Stadt um eine Zeit, da ihre Bewohner in einem Zustand der Unachtsamkeit waren; und er fand da zwei Männer, die miteinander kämpften. Der eine war von seiner eigenen Partei und der andere von seinen Feinden. Jener, der von seiner Partei war, rief ihn zu Hilfe gegen den, der von seinen Feinden war. So schlug Moses ihn zurück; doch es führte zu seinem Tod. Er sagte: »Das ist ein Werk des Satans; er ist ein Feind, ein offenbarer Verführer.« Er sagte: »Mein Herr, ich habe mir selbst Unrecht getan, so vergib mir.« So verzieh Er ihm; denn Er ist der Allverzeihende, der Barmherzige.” [Al-Qasas 28:15-16]

Die gewöhnliche Übersetzung der letzten Verse, in Verbindung mit der Aussage über den Satan, könnte einen Konflikt mit dem Konzept der Fehlerlosigkeit erzeugen.

Beim Lesen dieser Verse sollte an Folgendes erinnert werden:
  • Was der Prophet Moses (a.) tat war kein Verbrechen. Er eilte einer unterdrückten Person zur Hilfe, wobei Gewalt gegenüber dem Unterdrücker aufkam. Dies endete unerwartet im Tod des Unterdrückers. Einer unterdrückten Person zu helfen ist eine lobenswerte Tat an sich. Der Tod des Unterdrückers kann höchstens als Unfall betrachtet werden, aber nicht als ein Verbrechen oder eine Sünde.
  • Der Prophet Moses (a.) muss mit Werk des Satans nicht seine eigene Tat gemeint haben. Satan kennt seine Grenzen, da er ja selber zu Gott sagte: „Bei Deiner Allmacht, ich werde sie alle abkommen lassen, abgesehen von Deinen auserwählten Dienern.” [Sad 38:83] Und Gott sagt zu ihm: „Was Meine Diener anbelangt, so hast du keine Macht über sie. Abgesehen von denen, die dir von den Abgekommenen folgen.” [Al-Hijr 15:42] Und Moses (a.) war gewiss nicht unter den Irregeleiteten. Demnach war das Werk des Satans der Konflikt zwischen dem Anhänger Mose (a.) und dem Anhänger Pharaos, der durch das Werk Satans zustande kam.
  • Die Aussage, dass er sich selber Unrecht getan hat, muss im Licht der Bedeutung von Zulm ‏ظلم, betreffend dem Propheten Adam (a.), betrachtet werden. Die richtige Interpretation von den Worten Mose (a.) würde wie folgt lauten: „Mein Herr, ich habe mich selber benachteiligt.” Nach dem Tod des Unterdrückers hatte Moses (a.) den Nachteil von den Leuten des Pharaos verfolgt zu werden.
  • Wie ist aber die Vergebung zu verstehen, da Moses (a.) Gott darum bittet, dass Er ihm vergeben soll? Erneut ist zu sagen, dass die gewöhnliche Übersetzung von vergeben in diesem Fall sehr unwahrscheinlich ist. Das Wort ghafara غفر kann ebenfalls bedeutet "auf jemanden aufpassen" oder "etwas verstecken, beschützen". Die zweite genannte Bedeutung muss auf keine Sünde hinweisen. Da der Tod des Unterdrückers den Propheten Moses (a.) in eine nachteilvolle Lage brachte, ist es wahrscheinlicher, dass er Gott darum bat, ihn zu verstecken oder zu beschützen.
  • Die vorhin erwähnte Bedeutung wird auch von folgendem Vers des Heiligen Qur'an unterstützt, in dem Gott zu Moses (a.) spricht: „Und du tötetest einen Menschen. Da erretteten Wir dich aus dem Kummer.” [Taha 20:40] So würde Zulm ظلم in diesem Vers als "Kummer" und ghafara غفر als "erretten" zu verstehen sein.
  • Auch wäre es möglich, dass Moses (a.), durch die Tötung des Unterdrückers, das Bessere unterlassen hat, also At-Tark-ul-Awla praktizierte, da der Unterdrücker zu den Leuten des Pharaos gehörte, die seine Feinde waren und im Nachhinein von Gott im Meer ertränkt wurden. Daher hätte Moses (a.) weder eine Sünde noch einen Fehler begangen, sondern lediglich den Tod eines Feindes beschleunigt, indem er das Leben seines eigenen Anhängers schützte.


[2] Ein Irregegangener?

قَالَ أَلَمْ نُرَبِّكَ فِينَا وَلِيدًا وَلَبِثْتَ فِينَا مِنْ عُمُرِكَ سِنِينَ. وَفَعَلْتَ فَعْلَتَكَ الَّتِي فَعَلْتَ وَأَنتَ مِنَ الْكَافِرِينَ. قَالَ فَعَلْتُهَا إِذًا وَأَنَا مِنَ الضَّالِّينَ. فَفَرَرْتُ مِنكُمْ لَمَّا خِفْتُكُمْ فَوَهَبَ لِي رَبِّي حُكْمًا وَجَعَلَنِي مِنَ الْمُرْسَلِينَ

„Pharao sagte: »Haben wir dich nicht als Kind unter uns aufgezogen, und hast du nicht viele Jahre deines Lebens unter uns verbracht? Und du hast deine Tat, die du getan hast, verübt und du bist von den Ungläubigen.« Moses sagte: »Ich habe sie da verübt, als ich einer der Irrenden war. So bin ich vor euch geflohen, als ich Angst vor euch bekommen hatte. Da hat mir mein Herr Urteilskraft geschenkt und mich zu einem der Gesandten gemacht.«” [Ash-Shu'ara' 26:18-21]



  • Nachdem Moses (a.) sagt, dass er ein Irrender war, erwähnt er seine Flucht vor Pharao. Demnach war Moses (a.) in den Augen von Pharao und seinen ungläubigen Anhängern ein Ungläubiger/Undankbarer und Irrender und nicht bei Gott.
  • Lesen wir ebenfalls die Verse davor, um diese Tatsache besser zu verstehen


وَإِذْ نَادَىٰ رَبُّكَ مُوسَىٰ أَنِ ائْتِ الْقَوْمَ الظَّالِمِينَ قَوْمَ فِرْعَوْنَ أَلَا يَتَّقُونَ قَالَ رَبِّ إِنِّي أَخَافُ أَن يُكَذِّبُونِ وَيَضِيقُ صَدْرِي وَلَا يَنطَلِقُ لِسَانِي فَأَرْسِلْ إِلَىٰ هَارُونَ وَلَهُمْ عَلَيَّ ذَنبٌ فَأَخَافُ أَن يَقْتُلُونِ قَالَ كَلَّا ۖ فَاذْهَبَا بِآيَاتِنَا إِنَّا مَعَكُم مُّسْتَمِعُونَ فَأْتِيَا فِرْعَوْنَ فَقُولَا إِنَّا رَسُولُ رَبِّ الْعَالَمِينَ أَنْ أَرْسِلْ مَعَنَا بَنِي إِسْرَائِيلَ

„Als dein Herr Mose rief: »Geh zum Volk, das Unrecht tut, Zum Volk Pharaos, ob sie nicht gottesfürchtig sein wollen.« Er sagte: »Mein Herr, ich fürchte, daß sie mich der Lüge bezichtigen. Und meine Brust ist eng, und meine Zunge ist nicht gelöst. So schicke Aaron. Auch haben sie gegen mich eine Sünde geltend zu machen; so fürchte ich, daß sie mich töten.« Er sprach: »Nein. Geht beide hin mit unseren Zeichen. Wir sind mit euch und hören zu. Geht zu Pharao und sagt: Wir sind der Gesandte des Herrn der Welten, Du sollst die Kinder Israels mit uns wegschicken.«” [Ash-Shu'ara' 26:10-17]
  • Wie wir schon vorhin festgestellt haben, war die Tat von Moses (a.) weder eine Sünde noch ein Fehler bei Gott
  • Moses (a.) spricht davon, dass ihm die Ägypter eine Sünde zuschreiben und nicht Gott
  • Die Fehlerlosigkeit von Moses (a.) bleibt also weiterhin bestehen.


[3] Das Vergessen

وَإِذْ قَالَ مُوسَىٰ لِفَتَاهُ لَا أَبْرَحُ حَتَّىٰ أَبْلُغَ مَجْمَعَ الْبَحْرَيْنِ أَوْ أَمْضِيَ حُقُبًا فَلَمَّا بَلَغَا مَجْمَعَ بَيْنِهِمَا نَسِيَا حُوتَهُمَا فَاتَّخَذَ سَبِيلَهُ فِي الْبَحْرِ سَرَبًا

„Und als Mose zu seinem Knecht sagte: »Ich werde nicht ablassen, bis ich den Zusammenfluß der beiden Meere erreicht habe, und sollte ich lange Zeit unterwegs sein.« Als sie deren Zusammenfluß erreicht hatten, vergaßen sie ihren Fisch, so nahm er seinen Weg ins Meer wie einen Tauchpfad.” [Al-Kahf 18:60-61]


  • Wie es auch schon beim Propheten Adam (a.) erwähnt wurde, ist das Vergessen an sich weder eine Sünde noch ein Fehler. Die unabsichtlichen Sünden, die man durch das Vergessen begeht, ergeben erst die Fehler. 
  • Da das Entkommen des Fisches jedoch keine Sünde für Moses (a.) war, beging er weder eine absichtliche noch eine unabsichtliche verbotene Handlungsweise, wodurch sich kein Konflikt, betreffend der Fehlerlosigkeit, ergibt.